Jakob, 7 Jahre
Jakob, 7 Jahre

Blink-blink tüdelüt

Nein, neu ist er jetzt wirklich nicht mehr, unser Ford Galaxy. Obwohl ein Kind dieses Jahrtausends und somit schon mit viel störanfälliger Elektronik ausgestattet, hat er mittlerweile ein paar Jahre auf dem Buckel und verbringt mehr Zeit in der Autowerkstatt als in unserer Garage. Gefühlt zumindest.

Und zwar der störanfälligen Elektronik wegen.

 

Die Fensterheber zum Beispiel. Früher, als man noch kurbeln musste, hörte man selten von größeren Problemen. Aber wenn sich heutzutage die Fenster nicht mehr heben lassen (und das vielleicht auch noch im Januar), dann kommt man an einer kostspieligen Reparatur nicht mehr vorbei.

 

Wenn das Licht nicht mehr geht, dann reicht es im Allgemeinen nicht mehr, eine kleine Glühlampe auszuwechseln, und von Scheibenwischermotor und Sitzheizung möchte ich gar nicht erst anfangen.

 

Diesmal jedoch ist's die Klimaanlage. Entgegen unserer Ansicht, bis zum nächsten Jahr im Mai bräuchten wir sowieso keine Klimaanlage, klärt uns der KFZ-Meister unseres Vertrauens darüber auf, dass leider der ganze Wagen nicht mehr läuft, wenn der Kompressor hinüber ist.

Also wieder Werkstatt.

 

Und Leihwagen. Ein weiterer Leihwagen.

Da die Leihwagen, die wir so kriegen, in der Regel noch ziemlich neu sind, sind sie mit noch viel mehr störanfälliger Elektronik ausgestattet. Und, was mir zunehmend auffällt, mit Elektronik, die dazu geschaffen ist, den Fahrer mehr und mehr zu kontrollieren und zu gängeln. 

 

Dieser Pfeil zum Beispiel, der immer wieder aufblinkt. Was will er mir sagen? Schon wieder was kaputt?

Aber nein, er möchte mich nur darauf hinweisen, dass ich einen Gang höher schalten soll.

Moment mal, ich fahre gemütlich im vierten Gang und mit ungefähr 55 Kilometern in der Stunde durch eine geschlossene Ortschaft und soll in den fünften schalten? Seit wann denn das?

Nee nee, mach ich nicht. Schon aus Prinzip. Und trotzdem schiele ich immer wieder auf diesen Pfeil, der mir zuruft: Hochschalten! Hochschalten! Los, nun mach schon!

 

Oder dieses Rumgepiepe, weil ich nicht angeschnallt bin. Erst piept es leise, dann lauter. DANN NOCH LAUTER.

Es nervt! Und dabei fahre ich doch bloß einmal durch unser Dorf, in dem weniger Verkehrsaufkommen ist als zu Ostern am Nordpol. Sobald ich vorhabe, Marwede zu verlassen und in die große weite Welt hinaus zu fahren, schnalle ich mich immer an, echt! Ich bin schließlich eine verantwortungsbewusste Autofahrerin.

Aber wenn ich eines nicht leiden kann, dann ist es diese Bevormundung durch eine hirnlose Maschine. Da werde ich richtig bockig!

 

Ich sitze im Wagen, Motor aus, Schlüssel steckt, und öffne die Tür, um mich mit jemandem zu unterhalten. Und das Auto fängt an zu piepen.

Hallo? Ich rede mit jemandem! Da hältst du gefälligst deine Klappe, du hyperaktiver japanischer Kontrollfreak!

Das ist ja schon wie bei "2001 - Odyssee im Weltraum!"

 

Selbst den Intervall des Scheibenwischers kann ich bei Regen nicht mehr selbst regulieren, das macht er von allein. Je nachdem, wie stark es regnet.

Ja, aber vielleicht will ich das nicht? Vielleicht gehöre ich zur Kategorie der Minimal-Scheibenwischerinnen und hätte gern etwas weniger Gewische auf meiner Scheibe?

 

Und dann dieses Rumgepiepe beim Einparken. Das macht selbst einen ruhigen und beherrschten Autofahrer ganz wuschig. Mal im Ernst, ich bin 44 Jahre alt und habe seit 26 Jahren Führerschein!

Ich kann einparken!!!

 

Selbst während des Fahrens gibt der Wagen ab und zu einen kurzen und unmotivierten Fieplaut von sich. Als könne er nicht an sich halten, selbst, wenn es gar nichts zu sagen gibt.

 

Dabei reicht mir wirklich die Spinatwachtel, die sich in meinem Navi verbirgt! Wenn ich schon ihre Stimme höre! "Wenn möglich, bitte wenden", und das mit diesem Unterton, bei dem man das Augenverdrehen direkt mitgeliefert bekommt. "Du liebe Güte", murmelt die blöde Kuh unterschwellig. "Das war doch jetzt wirklich nicht so schwierig, oder, Alice? Ich habe nichts von rechts abbiegen gesagt. Und das in klarem und verständlichem Hochdeutsch."

Also, da krieg ich ja gleich wieder Pickel am Hals!

"Du solltest lieber mal ganz still sein, du dusselige Tante!", sage ich dann ebenfalls in klarem und verständlichem Hochdeutsch. "Ich habe eben eine Abkürzung genommen. Aber die kennst du natürlich mal wieder nicht, so veraltet und desorientiert, wie du bist. Wehe, ich fahre durch Hannover und suche die Goebenstraße oder den Lindener Marktplatz. Dann bist du plötzlich ganz still und lässt mich schön allein suchen! Du unterbelichtetes Brathuhn!"

 

Ich meine, wie weit soll dieser Elektronikwahn im Auto denn noch gehen? Und was kommt als nächstes? Die Fußmatte, die vorwurfsvoll knirscht, wenn man mit dreckigen Schuhen einsteigt? Der CD-Wechsler, der nur klassische Musik abspielt, damit auch ja keine Aggressionen beim Fahren aufkommen?

 

Nee nee, da lob ich mir die alten Autos, bei denen noch ein richtiger Motor unter der Haube war, an dem man nach Herzenslust rumschrauben konnte. Also, nicht ich natürlich. Für mich war der Blick unter die Motorhaube schon immer ein Buch mit sieben Siegeln. Aber zumindest ist mir der Gedanke sympathischer, einen Keilriemen durch eine Damenstrumpfhose zu ersetzen als sich den Hintern an einer defekten Sitzheizung zu verbrennen.

 

 

 

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Kirsten Petersen (Mittwoch, 12 September 2012 21:35)

    Ich bin kräftig am Schmunzeln.....du sprichst mir richtig aus dem Herzen.Ich hatte bis vor drei Jahren noch einen Baby-Benz......21 Jahre alt und mir echt ans Herz gewachsen.Da konnte ich ohne Probleme Rapsöl tanken(was ich heute am Meisten vermisse...),Glühbirnen-Wechsel war ein Kinderspiel,Reifenwechsel ebenso und Elektronik war da noch kein Thema.......das Einzige,was ich von diesem Auto noch besitze,ist der Stern und der Autoschlüssel.Das waren noch zeiten....heute musst du für jeden Dreck in die Werkstatt......:-(

  • #2

    HenryNick (Sonntag, 03 März 2013 19:01)

    Für den Beitrag müsste ich doch gleich noch mal eine Blutspende übernehmen *grins* Darf ich den bei Facebook und Google+ meinen Freunden empfehlen? Das spricht mir so aus der Seele! Bitte mehr von solchen ...

  • #3

    Alice (Mittwoch, 06 März 2013 19:33)

    Ja, spende du ruhig noch ein bisschen Blut, HenryNick! Und empfehlen darfst du mich auch gern.

    Ich freue mich, wenn ich euch aus der Seele spreche … aber das ist bei dem Thema ja auch kein Wunder, ODER??? (Hört ihr den aggressiven Unterton?)...

  • #4

    Michaela (Freitag, 12 Mai 2017 15:40)

    Hallo zusammen,
    danke für den netten Artikel. Ich mag auch keine Autos mit viel Schnickschack der eh nur dazu führt, dass das der Gebrauchsgegenstand Auto oft in die Werkstatt muss. Witzig finde ich, dass VW gerne keine Radios mit USB-Anschluss einbaut, damit die dann adere Lösungen als Aufpreis anbieten können. Die Radios
    in modernen Autos könnte man auch getrost Grammophone nennen und den Rest vom Auto unnützes Fluxkompensatorszeugs.

  • #5

    Alice (Samstag, 13 Mai 2017 18:17)


    Liebe Michaela,

    Danke für deinen Kommentar! Ja, ich glaube, über moderne Autos kann man genauso hitzige Diskussionen führen wie über die Telekom und die Deutsche Bahn ... �


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